Bibliothekskataloge in Mannheim und Heidelberg amazon-frei

27. April 2006 | Von | Kategorie: Bibliotheken regional

Wir berichteten, dass die Stadtbücherei Heidelberg und die Stadtbibliothek Mannheim Titel Abbildungen von Amazon in ihren Internet Katalog einbinden. Dieses Vorgehen entsprach nicht der Auffassung und den Empfehlungen der Rechtskommission des Deutschen Bibliotheks-Verbandes DBV. Beide Bibliotheken haben reagiert: Cover Abbildungen und der Amazon-Shop sind verschwunden. In der Bibliothekswelt andernorts und im Internet ist die Diskussion voll entbrannt.

Dr. Harald Müller, Bibliotheksleiter am Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht und Vorsitzender der Rechstmommission, unterstreicht heute erneut: “Dieses kontrovers diskutierte Thema hat auch eine juristische Seite, mit der sich die Rechtskommission des DBV bereits seit längerer Zeit beschäftigt: Wie stellt sich die Rechtslage dar, wenn eine Bibliothek ihren OPAC mit Coverabbildungen anreichert? [...] Die DBV-Rechtskommission bezweifelt aber entschieden, dass Amazon und Co. Nutzungsrechte an Coverabbildungen auf Dritte d.h. Bibliotheken rechtswirksam übertragen können und dürfen. Deshalb rät die Kommission derzeit noch allen Bibliotheken, keine Bilder in ihren OPAC zu integrieren.”

Es werden nicht nur die urheberrechtlichen Aspekte diskutiert. Ein Bibliothekar der UB Erlangen meint: “Die Verbindung mit einem Online-Buchhändler, egal in welcher Form, ist Werbung, auch wenn nicht darunter “Kaufmich” steht. Es bedarf keiner expliziten Aufforderung zum Kauf. Was glauben Sie, warum product placement im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht erlaubt ist? Der Link im Online-Katalog auf den Buchhändler ist keine Vermittlung eines eigenen Bestandes. Entfernen Sie den Link, und die Einwände entfallen. Ein Verweis auf den Buchhandel im allgemeinen oder auf das VLB ist in dieser Perspektive weniger problematisch, weil er ja keinen bestimmten Händler bevorzugt. Auf Amazon zu verweisen heißt Verfügbarkeit (als wünschbare Information) über Amazon zu definieren.”

In Bern stellt ein Bibliothekar die Frage, was passiert, wenn ein Buch umgebunden werden muss: “Produzieren wir mit diesen Abbildungen dann nicht auch haufenweise Benutzerreaktionen à la Ach, das ist dieses Buch? Das sah im Katalog doch ganz anders aus: Rot und nicht Blau!? Die Kolleginnen und Kollegen in der Ausleihe, die dann derartiges tagtäglich hören müssen, können einem jetzt schon leid tun.” und weiter: “Wie reagieren unsere Benutzer dann auf die vielen Titel im Web-OPAC ohne zusätzliche Abbildung? Sind wir nicht schlussendlich jemand, der eine halbfertige Dienstleistung anbietet, weil wir (und nicht Amazon, oder wer auch immer!) in den Augen der Benutzer nicht fähig sind, für alle Titel Bilder vorzuweisen?” Er kommt zu dem Schluss: “Wenn wir einen solchen Standard, Titelbilder in unseren Web-OPACs, flächendeckend einzuführen gedenken, sollten wir auch sicherstellen können, dass wir das auf einem hohen Niveau anbieten, d.h. ohne einen allzuhohen Prozentsatz von nicht-vorhandenen Titelbildern. Wenn das nicht gesichert ist, sollte man es bleiben lassen.”

Wieder zurück in heimischen Gefilden schauen wir uns den Katalog der UB Mannheim an. Keine Titelabbildungen – aber, falls vorhanden, ein Link auf die zum Buch gehörende Rezension im Katalog des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes. Eine echte werbefreie urheberrechtlich unbedenkliche Zusatzinformation für den Katalogbenutzer.

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2 Kommentare
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  1. Es freut mich zu sehen, daß mein Artikel für ein bißchen Bewegung sorgt; vielen Dank für Ihren Einsatz. Daß aus Katalogen wie dem der UB Mannheim auf Rezensionen (und zwar nur auf ganz bestimmte) verlinkt wird, kann ich allerdings auch nicht gutheißen, siehe den Vorgängerartikel “Kampfplatz Katalog” (http://markner.free.fr/kampf.htm).

  2. Es ist halt so verführerisch auf Amazon zu linken. Ich versuche immer auf den Hp’s der Verlage was zu finden, aber das ist mitunter sehr schwer. Es wäre schön, wenn es für Rezensionen aller Art eine Creative Common oder so etwas für “Kleinbilder” der Cover verlagsseitig gäbe…