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21. September 2018 | Von | Kategorie: In eigener Sache  |

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Bücherverbrennung in der Hafenstraße 35

9. Mai 2012 | Von | Kategorie: Dies u. das  |

Hafenstr. 35, Stadtteil Jungbusch, Mannheim

Hafenstr. 35, Stadtteil Jungbusch, Mannheim Foto (c) Heike Pfitzenmeier, Studentenwerk Mannheim

In exponierter Lage, direkt am Verbindungskanal Hafenstraße 35-45, liegt die Wohnanlage des Studentenwerks Mannheim, die einem Dreimaster nachempfunden ist. Das Umfeld ist außergewöhnlich: an der Schnittstelle Hafen und Innenstadt mit Blick auf die neue Hafenpromenade, flankiert von Popakademie und Musikpark, im multikulturellen Stadtteil Jungbusch, der gerade eine spannende Renaissance erlebt.
Früher stand an dieser Stelle ein altes Jugendstilhaus, das in Fanny Morweisers Roman »Un joli garçon« eine entscheidende Rolle spielt und eine studentische WG beherbergte.

***

»Paul und Charlotte sind unten, sie machen ein Feuer mit einem Teil ihrer Bücher und Papiere, die sie nicht mehr brauchen.«
»Ein Freudenfeuer«, sagte Ewald.
»Sieht so aus. Keiner hat geglaubt, dass die beiden jemals [mit ihrem Studium] fertig werden.« [ … ]
Der Schmetterling war fertig [tätowiert], und im Hof brannte das Feuer lichterloh. Einmal hörten sie einen empörten Ausruf von Paul: »Du verbrennst die Ulla Berkéwicz?«
»Ja«, kreischte Charlotte.
»Aber warum denn nur? Sie ist so schön.«
»Und das reicht? Das reicht bei euch Idioten? Hast du es denn gelesen, soll ich es noch mal für dich raus holen, den Josef, der stirbt?«
»Nein, aber was soll denn so falsch daran sein?«
»Alles«; kreischte Charlotte. »Alles. Da kommt eine von außen, die sich vorher kaum hat blicken lassen, und heimst alles an Gefühlen für sich ein. Und die Mutter steht stumm und breit am Herd und kocht die Nachtsuppe.«
»Zitat?«
»Zitat. Ja. Aber die tut wenigstens was, verstehst Du, während die schöne Hereingeschneite nur fühlt. Suppe kochen … nein danke. Und dann der Schluss. Sie steht am Fenster und unten fährt der Leichenwagen weg und sie winkt. Und, Paul, stell dir das mal vor, keiner winkt zurück.«
»Wirklich?«
»Ja, wirklich, du Idiot. Wie roh, wie roh, keiner winkt zurück. Aber wohin um Himmels willen fahren die denn? Auf den Friedhof oder nach Mallorca?«
Pauls Stimme wurde leiser, aber er gab noch nicht auf.
»Hilde Domin hat, nachdem sie das Buch gelesen hatte, bei den Eltern dieser Berkéwicz angerufen, weil sie von der Lektüre restlos hin war.«
»Hilde Domin«, schrie Charlotte, und jetzt fuhr sogar Willi zusammen, soviel Wut war in ihrer Stimme. »Weißt du, dass sie ihren neunzigsten Geburtstag zweimal hat feiern lassen, weil sie angeblich irgendwelche Daten durcheinandergebracht hat? Und das doch nur, damit der Affe doppelt Zucker kriegt.«
Danach war nichts mehr zu hören, nur das Klatschen diverser Bücher, die mit aller Macht in die Flammen geworfen wurden.

Auszug aus: Fanny Morweiser »Un joli garçon« Diogenes 2003 S. 105/106

»Un joli garçon« zählt für mich zu den schönsten Romanen, die in Mannheim spielen und natürlich auch im Maudacher Bruch. Die Autorin hat mehr Farben auf der Palette als Blut und Grauen, nämlich Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Morweisers Erzählungen spielen sich in aller Stille, in schönen Landschaften, in alten Häusern, gelegentlich bei lieben älteren Damen ab – und dies soviel gefährlicher als bei Agatha Christie.

Foto mit freundlichem Genehmigung von: Heike Pfitzenmeier, Studentenwerk Mannheim

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Sommerfest der Initiative Buchkultur 2011

16. August 2011 | Von | Kategorie: Literaturveranstaltungen  |

Zu ihrem 5jährigen Bestehen lädt die »Initiative Buchkultur« zum Sommerfest in den Ebert Park nach Ludwigshafen. Es wird ein Fest für die ganze Familie, für Singles, für Flippies und Flappies. Unter dem Motto: »aufs Maul geschaut« geht es um Literarisches und Kulinarisches aus dem deutschen Sprachraum.

Sommerfest der Initiative Buchkultur 2011

Sommerfest der »Initiative Buchkultur«. 21. August 2011. Ludwigshafen, Ebertpark a.d. Konzertmuschel. 12:00 – 20:00 Uhr Eintritt frei

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Claudia Schmid: Die brennenden Lettern Buchvorstellung und Autorenlesung

19. Juli 2011 | Von | Kategorie: Literaturveranstaltungen  |

Ein Christ und ein Jude geben im 16. Jahrhundert gemeinsam hebräische Bibeln und andere religiöse Schriften heraus. Der historische Roman von Claudia Schmid ist eine spannende Zeitreise in die Epoche der Reformation und der frühen Druckgeschichte. Der Erzähler erlebt mit wie der Reformator Paul Fagius – ihn verbindet eine lebenslange Freundschaft mit Martin Bucer, den er zur Zeit der Disputation in Heidelberg 1518 kennenlernt – in Isny die erste hebräische Druckerei im deutschen Sprachraum einrichtet. Gemeinsam mit dem zu Fuß aus Venedig kommenden jüdischen Gelehrten Elias Levitha gibt er rund zwanzig Schriften heraus und beide vertreiben sie auch gemeinsam. Eine spannende Lesung zwischen biblischen Pflanzen im Garten. Begleitet von zeitgenössischem Violinespiel. Die Veranstaltung findet auch bei Regen, im überdachten Bereich statt. Eintritt frei.

Freitag, 12. August 2011, 18.30 Uhr – Garten des Aussiedlerhofes Dieter Kreiselmaier, Kreuzgraben 28 Ludwigshafen-Ruchheim

Claudia Schmid: Die brennenden Lettern : Historischer Roman. Aufl. 1., Aufl.. Meßkirch : Gmeiner, A, 2011. – ISBN 978-3-8392-1212-7. – ISBN Pb.. bestellen bei Libri

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Warum ich 2011 kein Buch verlege. Ein »offener Brief« von Lisette Buchholz, persona Verlag

17. Juni 2011 | Von | Kategorie: Buchmarkt regional  |

Die Erde würde ohne uns Men­schen auch ganz gut laufen, meinte der scharfzüngige Wolf­gang Neuss. Und manchmal denke ich, das gilt auch für den Li­te­ra­tur­be­trieb, der Li­te­ratur ei­gent­lich gar nicht braucht. Die Puzz­le­teil­chen der Branche lassen sich ge­winn­brin­gend zu immer neuen Mus­tern zu­sam­men­setzen, ohne dass wirk­lich Neues nötig wäre. Fes­ti­vals, Preis­ka­rus­selle, In­ter­views, Hit- und Hot­listen, Talks­hows, Star­fotos von Schrift­stel­lern und Schrift­stel­le­rinnen, die sich für Hoch­glanz­ma­ga­zine eignen, mit den pas­senden Ho­me­storys – das reicht, um den Be­trieb am Laufen zu halten.

Nach­denken? Nach­sinnen? Einen Schritt bei­sei­te­treten? Das Feld räumen? Aufräumen? Von wegen. Das Leben, zumal das li­te­ra­ri­sche, ist eine Ach­ter­bahn.

Jeden Don­nerstag, wenn ich das Börsen­blatt aus dem Kasten ziehe, weiß ich schon, welche Gefühle mich er­regen werden, wenn ich es durchblättere. Ist das noch meine Branche? Habe ich einen Verlag gegründet, um dabei mit­zutun? Ich sehe meine Au­to­rinnen und Au­toren vor mir – sie eignen sich zu al­ledem nicht. Die­je­nigen, die nicht mehr leben, schon gar nicht. Zu ernst­haft, zu selbstständig, zu wenig markt­ge­recht, waren bzw. sind sie nie an den rich­tigen Orten, um ein­schlägige Kon­takte zu knüpfen. Alle Vor­aus­set­zungen für den Beruf des Ada­beis fehlen ihnen. Manche leben im Aus­land und sind in Deutsch­land schwer un­ter­zu­bringen.

Die ag­gres­sive Ver­mark­tung von Li­te­ratur mag über den At­lantik zu uns herüber­ge­schwappt sein. Schon Vicky Baum wusste davon ein Lied zu singen. Trotzdem liebe ich die Li­te­ra­tur­kri­tiker der New York Times. Man erfährt tatsäch­lich etwas über die be­spro­chenen Bücher und deren Ver­fasser und re­lativ wenig über die Scri­benten der Re­zen­sion. Hier­zu­lande über­wu­chert die Kritik oft die Pro­duk­tion. Und so er­freu­lich die Exis­tenz zahl­rei­cher Li­te­ra­tur­preise und -sti­pen­dien ist, zei­tigen sie so etwas wie eine Förder­li­te­ratur, deren ge­mein­sames Merkmal …  nun, lassen wir das.

Ich werde den Ver­dacht nicht los, dass der blu­tige Ader­lass von 1933 Gräben hin­terließ, die immer noch spürbar sind. Er­mor­dung und Ver­trei­bung töteten auch eine Tra­di­tion kri­tisch ge­pflegter Sprache. Die Exil­li­te­ratur ist die letzte Tranche der deutsch­spra­chigen Klassik. Stellen Sie sich Walter Ben­jamin oder Georg Her­mann auf einem der heute übli­chen Mega-Events vor. Sie würden nicht an­reisen, glaube ich, ob­wohl Hein­rich Mann es zu seinen schönsten Vor­lese-Er­leb­nissen zählte, in einem großen Ber­liner Kauf­haus während der Geschäfts­zeit auf­zu­treten. Im­merhin gibt es auch bei toten Au­toren jener Epoche un­ver­hoffte, durchaus er­folg­reiche Wie­der­be­le­bungs­ver­suche. Der Im­puls dazu geht oft von einem an­deren Land aus, so ge­schehen bei „Alone in Berlin“ von Fal­lada.

Es ist nicht nur die Qualität der heute ge­pu­shten, über­morgen ver­ges­senen Best­seller, die mich vor den Kopf schlägt, son­dern auch die schiere Quantität. Würden sich alle Ver­lage auf drei Titel im Jahr be­schränken, könnten wir diese Pro­duk­tion zur Kenntnis nehmen. Aber so? Muss es denn so viel sein? Ver­dauen wir Ka­viar und Sahne in Ki­lo­por­tionen? Oder nur dünne Suppen und Pommes?

Mein ver­le­ge­ri­sches Über-Ich quält mich mit Vorwürfen. Tat­sache ist, dass ich in diesem Jahr keinen neuen Titel ver­lege. Es gibt eine Pro­duk­ti­ons­pause. Nicht nur Geld­sorgen haben diesen Ent­schluss befördert. Ich habe keinen Titel ge­funden, bei dem es gekrib­belt hätte. Und krib­beln muss es. Wenn schon keine Aus­sichten be­stehen, mit einer Neu­er­schei­nung, einer über­setzten zumal, in ab­seh­barer Zeit schwarze Zahlen zu er­rei­chen, muss es we­nigs­tens ein Buch sein, für das mein Herz schlägt. Apropos Li­zenzen: Auch dieser Markt wu­chert. Es grenzt an Wahn­sinn, was manche Agen­turen ver­langen. Aber wenn man be­denkt, dass bei markt­kon­formen Ti­teln lu­kra­tive Zweit- und Dritt­ver­mark­tungen winken, sind diese Preise leider ge­recht­fer­tigt. TV-Filme, Se­rien, Ki­no­filme, Un­ter­li­zenzen aller Art sowie das ganze Mer­chan­di­sing: Ben­ja­mins Deut­sche Men­schen als Plüsch­ge­stalten, Jett­chen Ge­bert als An­zieh­puppe oder vir­tu­elle Person im in­ter­ak­tiven Spiel.

Die Zu­nahme von Gra­phic No­vels deutet darauf hin, dass eine ge­wisse Übersätti­gung am allzu Bunten ein­ge­treten ist. Go­thic- und Fan­ta­sy­titel da­gegen ver­langen knal­lige Cover und die ent­spre­chende Wer­bung. Auch die Vor­schauen werden immer opu­lenter und erin­nern an Li­festyle-Wer­be­pro­spekte. Seit Jahren haben wir uns an die Heer­scharen von Manga-Kostümierten auf den Buch­messen gewöhnt. Ein ur­li­te­ra­ri­sches Er­lebnis. Laut Sta­tistik ist al­ler­dings der Markt­an­teil dessen, was wir Li­te­ratur nennen, am Buch­ver­kauf ver­schwin­dend ge­ring. Über­haupt Messen: Warum dürfen wir nicht ver­kaufen? An­ge­sichts einer Buchhänd­lerin, die mir allen Ernstes erklärt, wenn sie einen Titel bei Amazon nicht findet, sei der nicht lie­ferbar? VLB – ein Fremd­wort. Auf die Idee, beim Verlag nach­zu­fragen, ist sie nicht ge­kommen. Dazu fällt mir nichts mehr ein. Da hilft nur noch schot­ti­scher Whisky.

Die Back­list war früher der Kron­schatz der Ver­lage, unser Rück­grat. Heute bricht sie uns in Form der La­ger­kosten das Ge­nick, denn so gut wie nie­mand möchte ein altes Buch be­stellen. Alt, das be­deutet: keine Neu­er­schei­nung. Neu heißt: ein bis drei Mo­nate alt. Auch in den Feuil­le­tons gilt ein Titel als alt, wenn er in der vor­an­ge­gan­genen Saison er­schienen ist. Erst gab es leider keinen Platz, ihn vor­zu­stellen, dann ist er zu alt. Was der Buch­handel liebt, heißt „Schnell­dreher“. Heute rein, morgen raus. Die Be­zie­hung zwi­schen Kunst und Kom­merz gehört zu den uner­forsch­lichsten. Ich grüble viel darüber nach und komme zu keinem Ende. Die übliche Paar­the­rapie greift hier nicht.

Ob das E-Book uns glück­lich macht? Ich hege starke Be­denken, was pas­siert, wenn mir der Kindle in die Ba­de­wanne fällt. Oder sich beim Schmökern im Bett der Akku ent­leert. Da bleibt dann nur die Me­di­ta­tion über den leeren Bild­schirm. Non-Books sind oh­nehin der Renner!

Georg Her­mann un­ter­schied zwi­schen Büchern, die uns etwas geben, und sol­chen, die nur in­ter­es­sieren. Wann hast Du zu­letzt ein Buch ge­lesen, dass Dir etwas gab? Du kannst es mehr­fach lesen, Du wirst immer neue Seiten an ihm ent­de­cken. War es bloß in­ter­essant, wirst Du es wei­ter­ver­schenken oder ihm einen Platz auf einer Park­bank zu­weisen.

Ich mache jetzt einen Spa­zier­gang und denke über rätsel­hafte Ge­dicht­zeilen von Josef Brodski nach. Sie beschäftigen mich übri­gens schon eine ganze Weile. Man kann sie wie eine Murmel hin- und her­wenden und immer leuchten sie ein biss­chen an­ders. Mehr Leuchten wär schön. Licht, zumal Blitz­licht, haben wir ja genug im Li­te­ra­tur­be­trieb.
© Li­sette Buch­holz, per­sona verlag

zuerst veröffentlicht bei »lesenleben.de« dem Blog von Gesine von Prittwitz

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